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Sophia Georgallidis (Hrsg.): Sechzehn kleine griechische Verbrechen / H.M.

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2017-05-01 2017-08-05 01.05.2017

Von Krimis auf Griechisch gab es hierzulande bisher noch nicht allzu viel zu lesen. Die jetzt vorgenommene Spurensicherung legt den dringenden Verdacht nahe, dass es sich bei Morden in Krimis nach griechischer Lesart vorzugsweise um Lustmorde handelt. Da kommt dem einen in den Sinn, das einstige Objekt seiner Begierde zu lynchen, weil bei ihm Leidenschaft in Langeweile umzukippen droht. Ein anderer lässt fix mal eine Tote verschwinden, die das Opfer eines Unfalls infolge riskanter akrobatischer Verrenkungen geworden ist. In Kifissia ist dieses Malheur angesiedelt, sehr degoutant für Nobelgegenden allerorts. Und Pech für den Übeltäter, dass ausgerechnet dort eine einsam Verlassene in ihrer existentiellen Not einen Privatdetektiv engagiert, der bei der Suche nach der verschollenen Katze, oh Graus, partout die klammheimlich versenkte Leiche ausbuddelt. Katzen spielen in diesen Geschichten auch sonst noch eine besondere Rolle, und ebenfalls die Taxifahrer – jeweils nicht immer zu deren beider Vorteil. Wie könnte es anders sein, dass unter ewigblauem Himmel eben auch nicht immer bloß alles eitel Sonnenschein ist?

Überraschung, dieses spezifische Moment des Genres, kommt rundum voll zum Tragen. Und als beabsichtige der Krimischreiber, eben nicht nur etwas die Langeweile, sondern sogar ein bisschen das Böse aus der Welt zu vertreiben, erhebt der studierte Systemanalytiker (BWLer, Bankangestellte, Dolmetscher, Publizist und erfolgreiche Schriftsteller) Tolis Nikiforou aus Thessaloniki dieses Gestaltungselement geradezu zur Maxime seines Fabulierens. Gelangt er doch zu dem bemerkenswerten Schluss: Die kleineren Mächte, für die keine Hoffnung zu siegen bestünde im Fall einer Kraftprobe, wenn die Widersacher völlig geistesgegenwärtig wären, können ihren Gegner nieder- oder zerschlagen, wenn sie den Vorteil der Überraschung für sich sichergestellt haben.Mag sich in dieser Denkungsart soviel griechische Mentalität wie auch immer ausdrücken, der Lektüre weder Tolis Nikiforous noch der weiteren fünfzehn Autoren (darunter als Klassiker Alexandros Papadiamantis und als Fast-schon-beinahe-Klassiker Petros Markaris) ist das auch nur im Geringsten abträglich. Ganz bitterböse Dinge werden von ihnen ohnehin nicht aufgetischt, und die allenthalben durchscheinende Ironie setzt dem Gruseln Grenzen. Wobei noch hinzuzufügen wäre, dass Geschichten nach dem Motto was ich denk, selber aber niemals tu, trau ich trotzdem fast jedem andern zu, kein griechisches Privileg sind. Du, pass mal schön auf, irgendein Herr Jedermann / eine Frau Jedefrau können Dir überall über den Weg laufen! - das ist nicht die schlechteste Erkenntnis, zu der uns Sophia Georgallidis mit den von ihr ausgewählten und gekonnt übersetzten Geschichten verhilft.

Sophia Georgallidis (Hrsg.)
Sechzehn kleine griechische Verbrechen.
Erzählungen.
Romiosini Verlag.
Köln 2009, 194 S.

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